Der Begriff „New Work“ erfreut sich immer größerer Beliebtheit und wird auf dem Arbeitsmarkt oft heiß diskutiert. Aber was versteht man eigentlich genau unter dieser „Neuen Arbeit“, von der alle sprechen? Wir gehen der Frage auf den Grund und schauen uns einige moderne Arbeitsmodelle an.
Bevor wir zu den Herausforderungen von New Work und der ein oder anderen New Work Studie kommen, müssen wir verstehen, wie es überhaupt zum Wandel von „alter“ zu „neuer“ Arbeit kam. Zu guter Letzt haben wir nützliche Tipps für dich vorbereitet, wie du New Work im Unternehmen vorantreiben kannst.
Versetzen wir uns kurz zurück in das Ende der 1970er Jahre. Der österreichisch-amerikanische Sozialphilosoph Professor Doktor Frithjof Bergmann gelangt bei einem Besuch des Ostblocks zu der Erkenntnis, dass der Sozialismus kein zukunftsfähiges Modell sei. Ein Gegenmodell muss her und der Begriff der „New Work“ ist geboren.
Während die herkömmlichen Arbeitsmuster der Industriegesellschaft kein kreativ denkendes Individuum und schon gar keine flexible Arbeitszeitgestaltung zulassen, läutet die „Neue Arbeit“ die Zeit der Wissens- und Informationsgesellschaft ein. Nein, sie läutet sie nicht nur ein, sie formt sie – bis heute. Vor allem heute.
Grob gesagt ist New Work also als Resultat des strukturellen Wandels der Arbeitswelt zu verstehen. Tradition weicht Innovation und die Bedürfnisse und Wünsche des Arbeitnehmers gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Sowohl äußere Umstände wie die Globalisierung oder die Digitalisierung als auch die inneren Einstellungen von Arbeitnehmer:innen trugen zu einem grundlegenden Wandel des Arbeitsmarkts bei. Die wichtigsten Entwicklungen wollen wir jeweils kurz umreißen:
Mit der Öffnung der einst kommunistischen Staaten des Ostblocks, aber auch Chinas und Indiens, begann ein neues Zeitalter der Arbeitsteilung. Produktionsarbeiten konnten erstmals günstig in Schwellenländer ausgelagert werden. Es folgte eine Verschiebung der Arbeitsleistungen. Während Entwicklungs- und Schwellenländer billig produzieren können und Rohstoffe liefern, konzentriert sich der Westen auf Innovation, Vermarktung und Kreativität.
Neue Kernkompetenzen und Schlüsselqualifikationen sind gefragt – Wissen ist kein Gut mehr, welches man sich schlicht aneignet. Von einem „New Worker“ wird gefordert, konzeptionell und lösungsorientiert zu denken. Wissen wird zu einem Gut, welches kontinuierlich gepflegt, auf neue Entwicklungen angepasst und erneuert werden muss.
Die Digitalisierung eröffnet Unternehmen sowie Arbeitnehmer:innen eine Bandbreite an neuen Möglichkeiten. Sie sorgt dafür, dass Mitarbeitende überall und zu jeder Zeit erreichbar sind, was wiederum dem Wunsch nach Remote Work in die Hände spielt.
Außerdem ermöglicht die Digitalisierung eine neue Form der Vernetzung, die es früher so nicht gab. Interdisziplinäres Arbeiten sowie der Austausch mit anderen Branchen und Fachkräften werden gefördert wie nie zuvor.
Auch die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) fördert diese Faktoren. Denn wo Computer Arbeitsplätze wegnehmen, erschaffen sie gleichzeitig neue – und bringen so stetig innovative Tätigkeitsbereiche hervor, die mit „New Workern“ besetzt werden wollen.
Der Angestellte von früher richtete sich stur nach Anweisungen, dem Arbeitsrhythmus von Maschinen und streng hierarchischen Führungsstilen. Erwerbstätigen von heute steht eine regelrechte Wundertüte an Möglichkeiten zur Verfügung und befeuert den Wunsch nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung. Das Individuum ist längst viel deutlicher in den Vordergrund gerückt und wird im Ausleben seines Eigenen Selbst gefördert.
Damit einher geht der Wunsch nach Erfüllung, auch im Berufsleben. Es geht nicht mehr nur darum, Geld zu verdienen. Vielmehr verlagern sich Bedürfnisse und Prioritäten dahin, mit einer Tätigkeit Geld zu verdienen, die einen Sinn verfolgt.
Sagen wir es einmal überspitzt: Frauen stehen schon lange nicht mehr nur am Herd und kümmern sich um Haushalt und Kinder. Frauen sind – erneut überspitzt ausgedrückt – längst zu den Leistungsträgern unserer Gesellschaft geworden.
Kreative Lösungen bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind für Unternehmen beinahe unabdingbar geworden. Diese gelten genauso für Mütter wie für Väter. New Work schafft hierbei Flexibilität und Entlastung und ebnet den Weg für die „moderne Familie“, in der niemand auf seine Karriere verzichten muss, der – oder die – es nicht möchte.
Die Corona-Pandemie hat gezeigt: Arbeit muss nicht zwingend im Büro an einem festen Arbeitsplatz stattfinden.
New Work stellt den klassischen Arbeitsplatz infrage. Wer auch außerhalb angestaubter Büroräume arbeiten kann, möchte seinem Job überall nachkommen können. Zuhause, aber ebenso in der Bahn, in der Wohnung der Eltern, bei Freunden – oder auf Bali am Strand.
Der „neue Arbeitnehmer“ räumt einer gesunden Work-Life-Balance einen hohen Stellenwert ein. Arbeitszeit ist Lebenszeit – also muss einerseits der Job an sich Spaß machen. Andererseits darf der Beruf nur so viel Platz im Leben einnehmen, wie er eben braucht, um profitabel und erfüllend zu sein.
Die Work-Life-Balance geht bei New Work noch einen Schritt weiter und wird so zum Work-Life-Blending. Maximale Flexibilität im Berufsleben führt in diesem Fall dazu, dass die Grenzen zwischen Freizeit und Beruf verschwimmen und beides ineinander übergeht. Aber dazu später mehr.
So toll sich das alles anhört, so herausfordernd kann manches davon in der Praxis gleichzeitig sein. Die größten Hürden bei der Einführung von New Work haben wir deshalb für dich zusammengefasst. Dazu sei gesagt, dass Hürden dazu da sind, um sie zu überwinden – also nur Mut!
Zum einen müssen Mitarbeitende eine gewisse technische Affinität und die Bereitschaft dazu, entsprechende Technik auch anzuwenden, mitbringen. Ein anderes, meist größeres Problem liegt häufig in der Bereitstellung entsprechender Technik. Nicht jedes Unternehmen ist technisch gut genug aufgestellt, um New Work Modelle wie Remote Work und Co. direkt umsetzen zu können.
In Zeiten dezentraler Arbeitsmodelle steigen die Anforderungen an den Datenschutz. Hier sind genaue Planung und eine solide Absprache gefordert.
Allzu flexible Regelungen kollidieren in Deutschland zuweilen mit dem bestehenden Arbeitsrecht. Vor allem die Arbeitszeiterfassung bei Vertrauensarbeitszeit oder Remote Work Modellen kann hierbei zum Problem werden. Auch Arbeitsunfälle, die außerhalb des Büros aber innerhalb der Arbeitszeit stattfinden sind häufig schwer zu klären. Solange man gut plant und sich ausreichend informiert, sind rechtliche Hürden allerdings zu meistern.
Bei all der wunderbaren Flexibilität ist zu bedenken, dass nicht jede:r Angestellte der Typ für das damit einhergehende hohe Maß an Selbstdisziplin und Zeitmanagement ist. Auch interdisziplinäre Teams und agiles Arbeiten können die eigene Rollenfindung erschweren.
Wie bereits erwähnt, verschwimmen beim Work-Life-Blending die Grenzen zwischen Arbeits- und Berufsleben. Freizeit und Job gehen quasi nahtlos ineinander über.
So viel Flexibilität kann jedoch eher zu Mehrarbeit führen und den Druck erhöhen, ständig erreichbar zu sein. Es gilt, hier mit Vorsicht zu walten und darauf zu achten, dass das Privatleben dem beruflichen nicht zum Opfer fällt.
Breit gesät sind Studien zum Thema New Work bislang nicht, doch einige Ergebnisse lassen sich bereits erkennen. So wünschen sich laut einem Trendreport von Randstad aus dem Jahr 2021 74 % der Arbeitnehmer:innen einen Sinn in ihrer Beschäftigung. 70 % der Befragten sind interessante und abwechslungsreiche Arbeitsinhalte wichtig und knapp über die Hälfte definiert den Beruf als bedeutsamen Teil der eigenen Persönlichkeit.
38 % der Arbeitnehmer:innen halten es laut der oben genannten New Work Studie für wichtig, Beruf und Privatleben vollständig voneinander abzugrenzen. Interessant im Hinblick auf diesen Aspekt ist, dass die über 45-Jährigen mit einem Abstimmungswert von 34 % deutlich unter dem Wert von 45 % der 16- bis 29-Jährigen liegen. Ein Trend hin zum Work-Life-Blending lässt sich hier also eher nicht für die Zukunft erkennen.
Im Hinblick auf Corona geben 55 % der befragten Personalleiter:innen an, dass die Pandemie die Digitalisierung im Unternehmen vorangetrieben hat. 64 % der Arbeitnehmer:innen bestätigen die Investition ihres Unternehmens in digitale Tools. In Sachen flexible Arbeitszeitmodelle können laut des Trendreports ganze 76 % der Befragten ihre Arbeitszeiten seit der Pandemie besser an Familie und Arbeit anpassen.
Nicht nur die Digitalisierung – auch die Arbeitskultur in Unternehmen wurde von Corona positiv vorangebracht. In einer Befragung von Bitkom Research aus dem Jahr 2022 geben 79 % der Arbeitnehmer:innen an, dass der Arbeitgeber bei Mitarbeitenden verstärkt auf Eigenverantwortung setzt. Ungefähr gleich viele bestätigen die vermehrte Bereitschaft des Arbeitgebers, auf digitale Technologien zu setzen. Bei rund 40 % der Befragten wird bereits mehr in interdisziplinären Teams gearbeitet und der Führungsstil ist insgesamt kooperativer geworden. Ebenfalls 40 % geben an, dass ihre Arbeitszeiten flexibler gestaltet wurden.
In Sachen Homeoffice vermuten 45 % der Arbeitgeber:innen, dass Mitarbeitende bei der Heimarbeit weniger produktiv sind. Und tatsächlich geben nur 23 % der Angestellten an, im Homeoffice produktiver zu arbeiten. Ungefähr gleich viele fühlen sich im Homeoffice einsam und beinahe die Hälfte vermisst den Kontakt zum Team. Bei der Einordnung der Dinge, die den Befragten im Job wirklich wichtig sind, liegt die Möglichkeit zu mobilem Arbeiten mit 43 % im unteren Bereich.
Interessanterweise möchten bei der New Work Studie von Bitkom Research – nur ein Jahr später – ganze 88 % der Arbeitnehmer:innen aus dem Homeoffice arbeiten. Angaben wie Ferienwohnung, Shared Desk im Büro, Wohnort im Ausland oder Co-Working Space erreichen in der Befragung immerhin Werte von über 50 %.
New Work passiert nicht von heute auf morgen und es hilft nichts, kopflos in etwas hineinzustolpern. Jeder Schritt will gut vorbereitet sein. Zu Beginn heißt es also: die Ziele des New Work Konzepts im Unternehmen genau definieren und konkrete Pläne vorlegen.
Damit flexible Arbeitszeit- und Arbeitsplatzmodelle funktionieren können, müssen notwendige technische Lösungen bereitgestellt werden. Mitarbeitende müssen in neuer Technik, insbesondere in unbekannten Softwarelösungen geschult werden.
Um ein optimales Arbeitsumfeld für „New Worker“ zu gestalten, gilt es, kreativ zu werden. Es ist selten damit getan, einfach einen Tischkicker in den Pausenraum zu stellen. Hier lohnt es sich, tatsächlich auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzugehen – am besten holst du dir zuerst Feedback von eben jenen ein.
Auch in den Köpfen der Mitarbeitenden muss das New Work Konzept erst einmal ankommen. Es ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen passiert. Und, damit er wirklich greifbar werden kann, muss sich entsprechend auch etwas am Führungsstil ändern. Führungskräfte sollten ihre Teammitglieder in agile Arbeitsweisen und innovative Kommunikationsformen langsam einführen und selbst das neue New Work Konzept in ihrer Führungsweise vorleben.
Auch bei flexiblen Arbeitsmodellen müssen klare „Spielregeln“ gelten, damit kein Chaos entsteht. Hierbei helfen von Anfang an definierte Grundsätze und klare Absprachen.
Um Mitarbeitende auch interdisziplinär zu vernetzen, lohnt es sich, den Austausch untereinander zu fördern. Dies kann beispielsweise über virtuelle Kaffeepausen passieren. Entsprechende Tools wie unsere yuccaHR App helfen bei der problemlosen Durchführung.
Du willst New Work als Personalmitarbeiter:in oder im Angestelltenverhältnis in deinem Unternehmen vorantreiben? Wie wäre es mit einem Interview mit dem, beziehungsweise der HR-Verantwortlichen? Gemeinsam kommt ihr eurer Auffassung von New Work und den Zielen der New Work Bewegung, die für das eigene Unternehmen Sinn machen, sicherlich näher.
Du leitest ein Unternehmen oder bist Entscheidungsträger:in im HR-Bereich und möchtest New Work Ansätze fördern, weißt aber nicht so recht wie? Abgesehen von unseren oben erwähnten Tipps wäre es sicherlich hilfreich, eine Umfrage unter den Mitarbeitenden zu starten. So erfragst du den Status Quo und die Wünsche deiner Angestellten und kannst darauf basierend konkrete Handlungsschritte entwickeln.